TV Roßtal – HSG Lauf/Heroldsberg 26:26

Gala-Steffen: Bescheidener Ballkünstler bändigt Bayernliga-Bewerber
Vorneweg: Es war eine lange Saison, es war eine harte Saison. Eine Aufstiegs-Saison, die geprägt war von Rückschlagen – aber auch gepflastert mit Höhepunkten. Für eines stand die erste Männermannschaft des TV Roßtal bis zum letzten Spieltag als einziges Team in der Liga immer: Spektakel. Das Motto lautete stets ‘Hop oder top‘, auf keine einzige Punkteteilung konnte sich der TVR bis zuletzt verständigen. Weil am Donnerstagabend die freudige Nachricht bei der Vereinsführung eintrudelte, dass die Abstiegsrelegation aus gegebenen Umständen ersatzlos entfällt, konnte das Franken-Derby gegen die HSG Lauf/Heroldsberg entspannt angegangen werden. Das kam der Sieben von Trainer Wolfgang Schmidt durchaus gelegen, fielen für das Spiel doch mit Robert Butze, Florian Blaßneck, Alexander Brandscher, Moritz Fröschel, Sebastian Schuh und Dietmar Mathias gleich sechs wichtige Kräfte aus. Dafür sprangen kurzerhand neben dem bereits mehrfach eingespannten Dominik Bühler auch die Youngster Marco Ehrmann, Marcel Cissé und Schlussmann Tobias Gerbing ein. Die Gäste gingen angesichts der eigenen Erwartungshaltung, der Zielvorgabe (Erreichen der Bayernliga-Relegation) und der ersatzgeschwächten Hausherren als haushoher Favorit ins Spiel. Aus Angst vor der zuletzt häufiger geschwungenen Helmbrechtser Moralpeitsche, aus Dankbarkeit für die große Unterstützung in diesem Jahr (der größte Dank geht an die Sektion Flachslanden, den harten TVR-Kern sowie die vielen treuen Seele zu Hause und in der Fremde) und aus Respekt vor der eigenen erbrachten Leistung in dieser Spielzeit, sollte zum Abschluss nochmal ein Sieg her. Zum Glück hatten die Roßtaler ihren liebsten Alleinunterhalter an einem seiner besten Tage erwischt: Sein Name Schmitt, Steffen Schmitt. Spitzname: ‘Gala-Steffen‘.
Mit der Leichtigkeit des bereits feststehenden Klassenverbleibs gingen die Hausherren in die Partie, stellten die HSG von Beginn an vor Probleme – und gerieten dennoch in Rückstand (1:3). Mit feinen Einzelaktionen (allen voran von Spielmacher Schmitt, der für die ein oder andere ‘Gänsehaut-Entzündung‘ auf der Tribüne sorgte) meldete sich der TVR allerdings schnell eindrucksvoll zurück (5:4). Bis zum 9:9-Zwischenstand bewegte sich das Aufeinandertreffen auf Augenhöhe, ehe die Laufer vom wackelnden Hocker stürzten. Beim 12:9 führten die Hausherren erstmals mit drei Toren, bis zur Pause baute der Underdog den Vorsprung gar auf fünf Treffer aus (15:10). Mehr als ein müdes Lächeln und einen verlegenen Gruß auf die Tribüne entlockte der erste Abschnitt Zauber-Maus Schmitt nicht. Verwunderlich, aber eben nicht sein eigener Anspruch: Da geht doch noch deutlich mehr.
Und auch zu Beginn des zweiten Durchgangs schwebten die lilanen Treter über das Parkett und durch die Reihen der HSG. Beim 18:12 wähnten die Zuschauer die Schmidt-Sieben und besonders Familienoberhaupt Steffen auf dem Höhepunkt. Eine zu Saisonbeginn und auch auswärts gerne praktizierte Auszeit brachte die Laufer allerdings zurück in die Partie. Und wie: Über 19:19 ging der Gast gar mit drei Toren in Führung, träumte bereits von Duellen mit der Reserve des HC Erlangen und Brooklyn United (19:22). Nichts für Schmitt, denn der bescheidene angehende Wirtschaftsingenieur ist alles, nur kein Träumer. Stets mit beiden Beinen auf dem harten Boden der Realität brachte er den Favoriten als gleich auf den selbigen (23:22). Wahnsinn, wie sich das junge Emotionsbündel über die Spielzeit hinweg gesteigert hat. Ein wahrer Quantensprung, dem auch das Streicheln von Schiedsrichterbäuchen keinen Abbruch tat. Man könnte an dieser Stelle noch stundenlang weiter schwärmen, sinnieren, loben und preisen, die 60 Minuten allerdings neigten sich dem Ende zu. Weil der eingewechselte Keeper Gerbing mit tollen Paraden noch eine kleine Rolle in der großen Schmitt-Show spielen durfte, stand es nach Ablauf der Spielzeit 26:26-Unentschieden.
Es tritt auf: ein Wolf, der seinen massigen und sicherlich irgendwann definierten Körper in seinem schwebenden, höchsteleganten Laufstil auf die Platte bewegte. Der gegnerische Siebenmeterschütze stand bereit, war wohl doch verwirrt ob des gemütlichen Erlangers mit österreichischen Wurzeln und selbiger Staatsangehörigkeit. Und es kam – wie es typisch für den noch bescheideneren Zeitgenossen als Superstar Schmitt ist -, wie es kommen musste. Laufs Leader Felix Ehler knallte die Kugel an die Oberkante der Latte – und Wolf ließ sich feiern. Auf der Tribüne wurden bereits Heldenlieder auf den ‘Hexer‘ gedichtet. Einzig die Wahrheit blieb verborgen, wie das in diesem Jahr so oft der Fall war, wenn der Österreicher 20 Minuten nach Trainingsbeginn ohne Schuhe in die Halle steuerte und eine Schmidt’sche Anekdote als glaubhaft einstufte.
Der Rest war Jubel über einen höchstverdienten Punkt gegen die mit Abstand zweitbeste Rückrundenmannschaft hinter Meister Lohr. Danksagungen gingen einige bereits im Vorspann raus, im Abspann ist die Lichtquelle erloschen, einzig auf Publikums- und Mannschaftsliebling Schmitt ist ein kleiner Lichtkegel gerichtet. Auch wenn zum jetzigen Zeitpunkt das Team fürs kommende Jahr noch nicht steht, wer einen ‘Gala-Steffen‘ in seinen Reihen hat, muss keine Halle und keinen Gegner fürchten. Der Bachelor-Student definiert dem Gegenüber den Begriff Angst stattdessen neu.
Für den TVR spielten: Hagen, Gerbing (beide Tor), Franke 4/2, D. Schmidt 5, Ehrmann, Schoberth 1, Gala-Schmitt 10, Urban 1, Bühler, Cissé 1, Nepf 3, M. Schmidt 1, Gruber (n.e.).
 
Bericht von (an dieser Stelle müsste eigentlich der Name des Autors stehen, diesen ersetzt aber ein zu wenig gewürdigter TVR-Ehrenspielführer) Steffen Schmitt

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